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1. GeistErfahrer


Im Gleichschritt marsch!
In Saus und Braus!
Die Flagge senkt sich!
Scheinwerfer aus!

Ich lief Hand in Hand mit Gläubigen und Frommen,
genauso wie mit Schurken, sündhaft und verrucht.
Sie glichen sich aufs Haar und liebten, sich zu widersteh'n.
Ich bin in dem Schwarm und mit dem Strom geschwommen -
zumindest hab ich es am Anfang noch versucht -,
um dort am Horizont die Gischt des Wasserfalls zu seh'n.

Doch du, kehr um! Kehr um! Kehr um!
Du nicht! Kehr um! Kehr um! Kehr um!

Ich folgte Vätern mit Raketen oder Keulen
von Nord nach Süd, im Kreis herum, von Ost nach West
und dann zurück und dann von vorn und stets in Reih und Glied.
Willst du mit Wölfen wild in Chor des Rudels heulen?
Schau dich gut um, wo immer du dich niederlässt,
denn böse Menschen haben leider ebenfalls ein Lied.

Doch du, kehr um! Kehr um! Kehr um!
Du nicht! Kehr um! Kehr um! Kehr um!

Ab!
Zurück ins Glied!
Denn wer nicht einsam bleiben will, der reist in Scharen!
Leb!
Den Unterschied!
Reiß dich heraus! Ab heute wirst du endlich geisterfahren.

Ich sah die Technikjünger sich zusammenrotten.
Sie schleiften galoppierend Seelen hinterher,
bis jedem sie zerfetzt und blutig an der Leine hing.
Ich war so lang allein, drum flog ich mit den Motten
zum Kerzenschein, als ob es nicht das Ende wär.
Ich kehre um und bin statt Lichtgestalt nur ein Schmetterling.

Doch du, kehr um! Kehr um! Kehr um!
Du nicht! Kehr um! Kehr um! Kehr um!

Ab!
Zurück ins Glied!
Denn wer nicht einsam bleiben will, der reist in Scharen!
Leb!
Den Unterschied!
Reiß dich heraus! Ab heute wirst du endlich [geisterfahren].

Neid und Gier sind die Motoren dieser Welt, und ganz verloren
wurden sie hineingeboren, nichts stillt ihren Appetit.
Trägheit bremst nur unerheblich, Predigen ist so vergeblich,
drin und draußen bleibt es neblig, dennoch rasen alle mit.

Messer, Gabel, Schere, Feuer locken Kinder ungeheuer.
Blinde Narren hinterm Steuer, denn der Abgrund wartet schon.
Finger suchen rote Knöpfe, Zungen immer Honigtöpfe,
und am Ende rollen Köpfe, so will es die Tradition.

Doch du, kehr um! Kehr um! Kehr um!
Du nicht! Kehr um! Kehr um! Kehr um!

Ab!
Zurück ins Glied!
Denn wer nicht einsam bleiben will, der reist in Scharen!
Leb!
Den Unterschied!
Denn über eines bist du dir schon längst im Klaren:
Fühl!
Was niemand sieht:
Dass alle andern immer schon im Irrtum waren.
Los!
Was auch geschieht:
Reiß dich heraus! Ab heute wirst du endlich geisterfahren.

Geist erfahren.


2. In Sack Und Asche


Welch ein schweres Los das Leben
und kein schwereloses Schweben
in dem samt'nen Schild der Himmelstintenpoesie.
Immerzu Gewichte.
Keinen Schimmer von Gedichten;
Blatt um Blatt vergeudet mit geritzter Akribie.

Mit den scharfen Zungenklingen
musst du dann zur Strafe singen,
wie von Sinnen binnenreimen, denkst, es wäre Kunst.
Händeringend klagen
statt behändem Schwingenschlagen.
Wartend auf die Hebung in den Sphärendunst.

Und nun trägst du Sack und Asche,
feste Knoten in dem Haar.
Du schmeckst Blut auf deiner Zunge,
fliehst auf eigene Gefahr.
Heute bist du schon ein Junge,
gestern warst du noch zu alt.
Untermalt von Blätterrascheln
stolperst du aus deinem Wald.

Du willst endlich ohne Zaudern
selbstverständlich lustvoll schaudern.
Doch du setzt auf weißen Blättern schwarze Blitze frei.
Willst bedenkenlos beleben,
unbeschränkt dich bloß hingeben.
Doch statt Liebeslyrik erntest du nur Kritzelei.

Wenn die Musen dich nicht sehen,
in diffusem Licht vergehen:
Jedes Wort im Keim erstickt und unverdaut verfälscht.
Dir will keine Rose glücken
bei dem großen Stachelpflücken.
Deine Stimme flüstert nur mehr Kauderwelsch.

Und nun trägst du Sack und Asche,
feste Knoten in dem Haar.
Du schmeckst Blut auf deiner Zunge,
fliehst auf eigene Gefahr.
Heute bist du schon ein Junge,
gestern warst du noch zu alt.
Untermalt von Blätterrascheln
stolperst du aus deinem Wald.

Siehst du die Blätter fallen?
Und lockt des Köders Duft?
Du wirst dich als Retter krallen
und wirfst dich in die Luft.
Fühlst du in Intervallen?
Und bald erfolgt der Sturz.
Wie Nebel im Winter wallen.
Dein Herbst war viel zu kurz.

Und nun trägst du Sack und Asche,
beides steht dir furchtbar gut.
Nein, du willst dich nicht verletzen,
doch was bleibt dir, ohne Mut?
Du verbirgst dich vor den Netzen,
während du die Blätter färbst.
Du entkommst nie ihren Maschen,
und entkommst auch nie dem Herbst.


3. Überhärte


Alle, die hinter Güte immer nur die Schwäche wittern:
Sie soll'n an mir zersplittern.
Alle, die, um zu glänzen, feige die Geschichte klittern:
Sie soll'n an mir zersplittern.
Jeder, der mit dem Strom schwimmt und sich fügt in alle Wellen:
Der soll an mir zerschellen.
Alle, die and're nur aus Habgier um den Anteil prellen:
Sie soll'n an mir zerschellen.
In diesen und in vielen and'ren Fällen:
Soll'n sie an mir zerschellen.

Vom unablässigen Fragen
"Nein, wie kann man denn nur?"
schmerzt dir dein muskulöser Kiefer.
Wie viel kannst du noch ertragen?
Ist die Panzerstruktur
statt aus Granit aus schwachem Schiefer?

Du lässt dich langsam versteinern ...
Härte! Härte!
... dein Herz dir künstlich verkleinern.
Härte! Härte!
Bist du ein Fels in der Brandung?
Härte! Härte!
Nur dünne Haut als Umwandung.
Härte! Härte!

Jeder, der nichts als Kälte abgibt, ohne je zu zittern:
Der soll an mir zersplittern.
Jene, die mir den Maulkorb wünschen und mich hinter Gittern:
Sie soll'n an mir zersplittern.
Alle, die Mauern bauen mit den abgenutzten Kellen:
Sie soll'n an mir zerschellen.
Alle, die sich aus Falschheit automatisch nur verstellen:
Sie soll'n an mir zerschellen.
In diesen und in vielen and'ren Fällen:
Soll'n sie an mir zerschellen.

Vom unablässigen Fragen
"Nein, wie kann man denn nur?"
schmerzt dir dein muskulöser Kiefer.
Wie viel kannst du noch ertragen?
Ist die Panzerstruktur
statt aus Granit aus schwachem Schiefer?

Du lässt dich langsam versteinern ...
Härte! Härte!
... dein Herz dir künstlich verkleinern.
Härte! Härte!
Bist du ein Fels in der Brandung?
Härte! Härte!
Nur dünne Haut als Umwandung.
Härte! Härte!

Niemand teilt mehr deine Werte,
deshalb wirst du so menschenscheu.
Darum die Wut, die in dir gärte
so wie ein giftiges Gebräu.
Denn du besitzt sie nicht, die Härte,
weder deutsch noch wirklich neu.
Als ob sich jemand darum scherte,
doch bleibst du dir am Ende treu,
doch niemand sonst: Die Welt bleibt immer die verkehrte.
Begreifst du nicht, was man dich so vergeblich lehrte?
Dir fehlt, was sich wie Krebs in dieser Welt vermehrte!
Es mangelt dir an einer Eigenschaft: Es fehlt dir schlicht an
Härte! Härte!

Du lässt dich langsam versteinern ...
Härte! Härte!
... dein Herz dir künstlich verkleinern.
Härte! Härte!
Bist du ein Fels in der Brandung?
Härte! Härte!
Nur dünne Haut als Umwandung.
Härte! Härte!


4. Carpe Noctem


Kommt einmal der Tag,
an dem, wenn du von Leuten sprichst,
du nicht nur an "die And'ren" und an "Feinde" denkst?
Kommt einmal der Tag,
an dem, wenn du das Schweigen brichst,
du deine Worte nicht mehr an taube Ohr'n verschenkst?

Kommt einmal der Tag,
an dem du, wenn du dich nur traust,
entdecken kannst, was hinter all den Masken steckt?
Kommt einmal der Tag,
an dem du, wenn du tiefer schaust,
du wünschst, die Wahrheit bliebe besser unentdeckt?

Vielleicht kommt dieser Tag ja nie,
deshalb versuch ich wie verrückt,
zumindest zu dir durchzubrechen,
und das ist ein Versprechen.
Dank all meiner Schwächen
werd ich immer nur noch stärker.
Ich versuch's wie ein Berserker
und befrei uns aus dem Kerker,
will nur, dass dies eine glückt!

Wenn dieser Tag doch niemals kommt,
an dem der Himmel mit dir lacht
und alles hell und strahlend macht,
dann bleibt dir immer noch die Nacht!
Carpe noctem.
Carpe noctem.
Carpe noctem.
Dann bleibt dir immer noch die Nacht!

Kommt einmal der Tag,
an dem du angekommen bist
und dich der Spezies Mensch doch zugehörig fühlst?
Kommt einmal der Tag,
an dem du, wenn du dich vergisst,
mit süßem Blut die Bitterkeit herunterspülst?

Vielleicht kommt dieser Tag ja nie,
deshalb versuch ich wie verrückt,
zumindest zu dir durchzubrechen,
und das ist ein Versprechen.
Dank all meiner Schwächen
werd ich immer nur noch stärker.
Ich versuch's wie ein Berserker
und befrei uns aus dem Kerker,
will nur, dass dies eine glückt!

Wenn dieser Tag doch niemals kommt,
an dem der Himmel mir dir lacht
und alles hell und strahlend macht,
dann bleibt dir immer noch die Nacht!
Carpe noctem.
Carpe noctem.
Carpe noctem.
Dann bleibt dir immer noch die Nacht!

Ist es auch das Allerletzte, was ich jemals tue:
Ich will mit dir zu Lied und Aufschrei werden.
In der Ewigkeit herrscht weiter nichts als Totenruhe.
Wir sind das wahre Paradies auf Erden.

Wenn dieser Tag doch niemals kommt,
an dem der Sonnenschein dich blendet.
Carpe noctem.
Carpe noctem.
Wie man's auch alles dreht und wendet,
siehst du, bevor das alles endet:
Carpe noctem.
Dann bleibt dir immer noch ...

Wenn dieser Tag doch niemals kommt,
an dem der Himmel mir dir lacht
und alles hell und strahlend macht,
dann bleibt dir immer noch die Nacht!
Carpe noctem.
Carpe noctem.
Carpe noctem.
Dann bleibt dir immer noch die Nacht!

Dann bleibt dir immer noch die Nacht!
Dann bleibt dir immer noch die Nacht!


5. Weichen[t]stellung (GeistErfahrer Reprise)


Ellenbogen schlugen blaue Flecken.
Komm, daran wirst du schon nicht verrecken!
Nein, es ist gewiss kein Zuckerschlecken;
und vergiss nicht, ordentlich sie zu bedecken
und die Schmerzen zu verstecken.

Damit keiner sich an deinem Aussehen stört
und über deine weinerliche Art empört,
und keiner dein ersticktes Stöhnen hört,
weil sich das doch nicht gehört!

Und so tanzt du durch die Straßen, durch die Gassen,
wie ein Schatten, in graziler Eleganz.
Die Musik, die dich umhüllt, ist nicht zu fassen,
und du windest dich im Spieß- und Rutentanz.

Es gibt viele Arten, um dich zu verwalten,
Möglichkeiten, um dich gleichzuschalten,
und es lauern immer lächelnde Gestalten,
die dich mit meist sanftem Druck davon abhalten,
dich als Wesen zu entfalten.

Schon als Kind hat man dir eingebläut,
dass man jede Schwäche bald bereut.
Als gebranntes Kind, das Feuer scheut,
hast du verlernt, wie man sich freut.

Unter Schmerzen reißt du dich von deinen Gleisen,
aus den Bahnen ihrer eingefahr'nen Welt.
Du brauchst keinen, der dich lenkt auf deinen Reisen,
keinen, der die harten Weichen für dich stellt.

Und so tanzt du durch die Straßen, durch die Gassen,
wie ein Schatten, in graziler Eleganz.
Die Musik, die dich umhüllt, ist nicht zu fassen,
und du windest dich im Spieß- und Rutentanz.
Unter Schmerzen reißt du dich von deinen Gleisen,
aus den Bahnen ihrer eingefahr'nen Welt.
Du brauchst keinen, der dich lenkt auf deinen Reisen,
keinen, der die harten Weichen für dich stellt.


6. Danach


Wann kommt der Schnee, der wie ein Mantel sich um dieses Elend legt
und diese wunde Erde sanft zur Nacht bedeckt?
Und uns're Gräueltaten vor dem Mond versteckt.
Ein tiefer Schlaf im weißen Bett ist ganz perfekt.

Es mag wohl sein, es kommt der Tag, an dem sich wieder etwas regt
dort unterm Eis, doch keiner wird sich dran erfreu'n.
Es ist auch niemand da, um es noch zu bereu'n,
und niemand, um die Saat im Frühling auszustreu'n.

Wann kommt der Winter?
Wann kommt der Winter?
Wann kommt der Winter?
Wann kommt der Winter?

Wann kommt der Frost, der alles sein wird, was am Ende übrig bleibt,
um uns die Tränen noch zu trocknen, im Gesicht?
Zum Abschied glitzern sie im allerletzen Licht.
Und nur ein Wiederseh'n, das gibt es sicher nicht.

Es kommt die Zeit, an dem der letzte Sieger die Geschichte schreibt,
und seine Furcht mitnimmt, im kalten Glorienschein.
Und endlich wird ein Ende mit dem Klagen sein.
Und endlich gibt es wirklich gar nichts zu verzeih'n.

Du bliebst verkehrt und fremd, so ließest du die eig'ne Welt im Stich.
Wann kommt der Winter?
Und nichts besaß für dich mehr irgendeinen Wert an und für sich.
Wann kommt der Winter?
Sahst du nie, dass es etwas gibt, das schwerer als dein Reichtum wiegt?
Wann kommt der Winter? Wann kommt der Winter?
Wir war'n im Krieg, und haben uns besiegt.

Du bliebst verkehrt und fremd, so ließest du die eig'ne Welt im Stich.
Wann kommt der Winter?
Und nichts besaß für dich mehr irgendeinen Wert an und für sich.
Wann kommt der Winter?
Sahst du nie, dass es etwas gibt, das schwerer als dein Reichtum wiegt?
Wann kommt der Winter? Wann kommt der Winter?
Wir war'n im Krieg, und haben uns besiegt.

Und während du durch Schneegestöber mit den letzten Schritten wankst,
dich bei den Flocken für den Niedergang bedankst,
ist es der Schluss, zu dem du abschließend gelangst:
Wenn alles stirbt, dann stirbt auch endlich deine Angst ...



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